Kaffee – schädlich oder gesund?

Effect of Coffee on Health

Mal wird Kaffee verteufelt, dann soll Koffein wieder sehr gesund sein. Mir als Neurobiologen und Autor, der täglich „literweise“ Kaffee schlürft, stellt sich immer wieder die Frage: „Was stimmt nun? Ist Kaffee bzw. Koffein nun schädlich oder gesund?“ Tatsächlich wurden zu dieser Frage eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Studien veröffentlicht und im Juli 2020 im renommierten New England Journal of Medicine zusammengefasst. Fazit: 3 bis 5 Standardtassen (235 ml) Kaffee (was 270–450 mg Koffein entspricht) sind gesund, sie wirken positiv auf das Gehirn, und senken durchweg das Risiko für verschiedene Krebsarten und chronische Erkrankungen.

Kaffee ist nicht gleich Kaffee

Man muss aber beachten: Kaffee ist nicht gleich Kaffee, es kommt zum Beispiel auf die Zubereitungsart an. Und was auf Kaffee zutrifft, muss nicht für Koffein gelten oder umgekehrt. Einige der beobachteten Effekte wurden bei Kaffee beobachtet, aber nicht bei synthetischem Koffein, wie es z.B. in Soft- und Energydrinks enthalten ist. Und manche Wirkungen sind sowohl bei Kaffee nachweisbar, egal ob er Koffein enthält oder koffeinfrei ist. Das alles deutet darauf hin, dass neben dem Koffein noch andere Subtanzen im Kaffee enthalten sind, die eine gesundheitliche Wirkung entfalten. Sehen wir uns die wichtigsten nachgewiesenen Effekte von Kaffee im Einzelnen an:

1. Kaffee ist nicht krebserregend

Die Ergebnisse vieler und umfangreicher Studien belegen, dass Kaffeekonsum nicht mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden ist. Im Gegenteil, Kaffee scheint gegen manche Krebsarten sogar zu schützen, zum Beispiel gegen Haut-, Brust- und Prostatakrebs und stärker noch gegen Gebärmutter- und Leberzellkrebs. Kaffee ist offenbar auch gesund für die Leber insgesamt: So ist Kaffeekonsum mit einem geringeren Risiko für die Entwicklung von Leber-Zirrhose und -Fibrose verbunden.

2. Kaffee erhöht nicht den Blutdruck – Koffein schon

Studien haben gezeigt, dass Kaffee selbst bei Menschen mit Bluthochdruck nicht zu einem Blutdruckanstieg führt. Das gilt jedoch nur für Kaffee, nicht für andere koffeinhaltige Getränke! Synthetisches Koffein, wie es in Soft- oder Energydrinks enthalten ist, scheint den Blutdruck zu erhöhen. Vermutlich wirken im Kaffee andere natürliche Substanzen der blutdrucksteigernden Wirkung von Koffein entgegen.

3. Koffein ist schlecht bei Diabetes – Kaffee nicht

Ähnlich wie beim Blutdruck wirken Kaffee und synthetisches Koffein auch auf Diabetes unterschiedlich. Während synthetisches Koffein die Insulinwirkung zumindest kurzzeitig reduziert (und damit den Blutzuckerspiegel erhöht), hat der Konsum von Kaffee dagegen keinen Einfluss auf das Insulin. Laut einigen Studien ist regelmäßiges Kaffee-Trinken sogar mit einem geringen Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden. Auch hier scheinen sich also andere Inhaltsstoffe der Kaffeebohne positiv auf den Diabetes auswirken.

4. Kaffee ist gut fürs Herz

Selbst 6 Tassen Kaffee pro Tag sind fürs Herz unbedenklich – selbst bei herzkranken Patienten. Im Gegenteil scheint der Konsum von 3 bis 5 Tassen Kaffee sogar das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Bei der Frage, ob Kaffee das (schlechte) LDL-Cholesterin erhöhen kann, kommt es anscheinend auf die Art der Zubereitung an: Ungefilterter Kaffee (French Press, Türkischer oder Skandinavischer Art), in hohem Maße konsumiert, könnte für den Cholesterinspiegel problematisch sein.

5. Mit Koffein wach bleiben?

Koffein wirkt kurzzeitig durchaus positiv auf die Leistungsfähigkeit, es reduziert die Müdigkeit und steigert die Aufmerksamkeit. Den Leistungsabfall nach länger andauerndem Schlafdefizit kann Koffein jedoch nicht kompensieren. Außerdem kann sich Kaffee, später am Tag getrunken, negativ auf die Schlafqualität auswirken, wobei die Wirkung von Koffein auf den Schlaf individuell sehr unterschiedlich ist.

6. Kaffee dehydriert nicht

Ein hoher Koffein-Konsum kann zwar die Urinausscheidung stimulieren. Studien konnten aber keine negativen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt feststellen, selbst wenn moderate Dosen (≤ 400 mg/Tag) über längere Zeit konsumiert wurden.

7. Koffein ist trotzdem nicht ungefährlich

Auch beim Koffein macht die Dosis das Gift. In einer sehr hohen Dosis kann Koffein Angst, Unruhe, Nervosität, Schlaflosigkeit, Erregung und psychomotorische Unruhe erzeugen. Allerdings sind diese Nebenwirkungen erst ab Dosen von 1,2 g oder höher zu erwarten. Tödlich kann Koffein ab einer Dosis von 10 bis 14 g sein; hierzu müsste man jedoch 75 bis 100 Tassen Kaffee in kurzer Zeit trinken.

Gefährlicher sind moderne Koffeingetränke wie Energy Drinks oder Shots, vor allem wenn diese mit Alkohol gemischt werden. Hier wurde von Herz-Kreislauf-, psychischen und neurologischen Problemen, bis hin zu Todesfällen berichtet. Ausgerechnet Kinder und Jugendliche – bei denen diese Getränke sehr beliebt sind – scheinen besonders anfällig für die Nebenwirkungen hoher Koffeindosen zu sein.

Wieviel Kaffee ist gesund?

Die Wissenschaftler empfehlen Grenzwerte von 400 mg Koffein pro Tag für Erwachsene, bzw. von 200 mg pro Tag für schwangere und stillende Frauen. Wie oben jedoch erwähnt, kann das Koffein im Kaffee mitunter andere Wirkungen zeigen als das freie Koffein in synthetischen Getränken. In der Tabelle finden Sie den Koffeingehalt verschiedener Getränke (pro 100 ml):

Koffeingehalt pro 100 ml:

  • Espresso                                          135 mg
  • Filterkaffee                                       55 mg
  • Instantkaffee                                    40 mg
  • Energy drinks (Red Bull o.ä.)        32 mg
  • Fritz-Cola                                          25 mg
  • Schwarz/Grüntee                           20 mg
  • Coca Cola                                          10 mg

400 mg Koffein entsprechen damit: 300 ml Espresso, 730 ml Kaffee, 2 l Tee oder 4 l Coca Cola

Fazit:

Fazit der Autoren: „Die derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse rechtfertigen nicht die Empfehlung, Koffein oder Kaffee zur Krankheitsvorbeugung zu konsumieren, sondern legen nahe, dass bei Erwachsenen, die nicht schwanger sind oder stillen und keine spezifischen Gesundheitsprobleme haben, ein mäßiger Kaffee- oder Teekonsum Teil eines gesunden Lebensstils sein kann.“

Quelle:

Rob M. van Dam, Frank B. Hu, Walter C. Willett. Coffee, Caffeine, and Health. N Engl J Med. 2020; 383:369–378. DOI: 10.1056/NEJMra1816604