Menschen bevorzugen runde Zahlen gegenüber exakten.Weil exakte, nicht-runde Zahlen ungewohnt und schwierig wirken, schätzen viele ihren Wert falsch ein. Überlegen Sie sich folgendes theoretische Szenario: Ein Impfstoff gegen das Coronavirus wird entwickelt, der zu 91,27% wirksam ist. Wenn die Behörden diese Information mit genau dieser Zahl veröffentlichen, halten die meisten Menschen den Impfstoff für weniger wirksam, als wenn sie gelesen hätten, er sei zu 90% wirksam. Das zumindest würde den Ergebnissen einer Studie entsprechen, die im November im Journal Organizational Behavior and Human Decision Process veröffentlicht wird.
Keypoints:
- Die meisten Menschen ziehen gerundete Zahlen den genauen Werten vor.
- Nicht-runde Zahlen werden von Konsumenten als niedriger eingeschätzt als (niedrigere) runde.
- Nicht runde Zahlen in einem Nachrichtentext erhöhen die Aufmerksamkeit für numerische Werte.
Die Arbeit von Gaurav Jain und Wissenschaftlern der Verhaltensökonomie an der University of Iowa, USA, befasst sich mit dem so genannten Framing, das bewertet, wie Menschen Entscheidungen treffen, wenn ihnen Informationen auf bestimmte Weise präsentiert werden.
Anhand von sechs Datensätzen und mehr als 1.500 Probanden untersuchten die Autoren, ob und wie sich die Wahrnehmung von Informationen ändern würde, wenn exakte oder nicht-runde Zahlen anstelle von runden Zahlen verwendet würden.
Wie die Untersuchung zeigte, empfinden die meisten Menschen nicht-runde Zahlen als einzigartig und unruhig. Sie fallen auf wie ein schwarzes Schaf in einer Herde weißer Schafe. Deswegen halten die Menschen bei solchen auffälligen, spezifischen Zahl eher inne, und denken darüber nach. Da die exakten Zahlen ungewöhnlich und schwerer zu verstehen sind, neigen die Leute dazu, sie mit einem leicht verständlichen idealen Standard zu vergleichen – etwa mit 100%.
Die exakte Zahl wird kleiner wahrgenommen
Weil die spezifische Zahl dann nicht diesem Ideal entspricht, wird sie von den Menschen als geringwertiger wahrgenommen. Für kleine nicht-runde Zahlen (wie etwa 6,99%) gelte allerdings das Umgekehrte: Sie würden mit 0 % verglichen und erschienen dadurch größer als sie sind. Ob der letzte Punkt immer zutrifft, bezweifele ich, denn dann wären Preise wie 5,99 € nicht sinnvoll. Der Unterschied könnte darin liegen, dass es bei Preisen keinen „idealen Standard“ gibt, und wir bei 5,99 automatisch an 5 € denken, nicht an 6 €. Über dieses Phänomen sagt die Studie allerdings nichts aus.
“Zahlen haben auch eine nicht-numerische Bedeutung. Wenn wir exakte Zahlen verwenden, werden sie subjektiv geringer eingeschätzt. Dieses Phänomen hat uns unglaublich überrascht, und es gibt keinen ersichtlichen Grund dafür.”
Gaurav Jain, Erstautor der Studie
Jain und sein Team haben diese Frage nicht anhand einer spezifischen Frage, wie z.B. der Kommunikation über einen möglichen Coronavirus-Impfstoff, untersucht. Aber ihre Forschung ist natürlich für Marketing und Kommunikation in allen Bereichen sehr interessant, da die Verwendung nicht-runder Zahlen die subjektiven Bewertung der Leser beeinflussen kann.