Menschen, die unter einer Bipolaren Störung leiden, schwanken periodisch zwischen depressiven Phasen, ausgeglichenem Befinden und manischen Episoden. Damit Ärzte künftig erste Anzeichen frühzeitig erkennen und diesen präventiv begegnen können, erproben Mediziner der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Dresden im Rahmen einer Studie den Einsatz einer Smartphone-App. Dazu wird die Monitoring-App „MovisensXS“ auf den Smartphones der Patienten installiert, um Nutzungsdaten des Telefons wie etwa die Anzahl der getätigten Anrufe, verschickten Nachrichten oder der getätigten Schritte an die Ärzte zu übermitteln, aber natürlich keine Informationen über die Inhalte. Über- oder unterschreitet die Smartphone-Nutzung das für den Patienten gewöhnliche Maß, gilt dies als Alarmzeichen für eine möglicherweise bevorstehende manische beziehungsweise depressive Phase. Das Smartphone wird für die Patienten so zu einem zusätzlichen Schutzfaktor, da der behandelnde Arzt bei auffälligen Werten automatisch informiert wird und Kontakt zu seinem Patienten aufnehmen kann. Interessierten Patienten stehen derzeit noch Studienplätze zur Verfügung. Gemeinsam mit Unikliniken in Berlin, Frankfurt, Bochum, Tübingen und Hamburg-Eppendorf sowie den Ruppiner Kliniken sollen deutschlandweit insgesamt 180 Patienten in die Studie hinsichtlich der Wirksamkeit der Monitoring-App eingeschlossen werden. Die Teilnahme der Patienten ist auf 21 Monate ausgelegt. Teilnehmer sollten über 18 Jahre alt sein und mehr als drei Krankheitsepisoden in den vergangenen fünf Jahren erlitten haben – davon mindestens eine manische Episode – sowie zur Nutzung eines Smartphones bereit sein. Die App läuft nur auf Android-Smartphones, sollte der Patient kein solches Gerät zurt Verfügung haben, wird ihm eines kostenlos zur Verfügung gestellt. Außerdem erhält er eine Aufwandsentschädigung von 15,- €/Monat um die Kosten durch zusätzlichen Traffic auszugleichen.
Das Smartphone als Frühwarneinrichtung
Bipolar erkrankte Patienten leiden abwechselnd unter Phasen von Depression, ausgeglichener Stimmung sowie manischen Zuständen. Während die depressive Episode durch ein Gefühl tiefer Traurigkeit, zuweilen auch Gefühllosigkeit und Inaktivität gekennzeichnet ist, führt die manische Episode zu einem Hochgefühl, gepaart mit vermehrter Energie und teils risikofreudigem Verhalten. „In der Regel erkranken viele Patienten erstmalig zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr“, erklärt PD Dr. Severus. „Neben medikamentöser Therapie und einer fortlaufenden ambulanten Psychotherapie ist es für die Betroffenen wichtig, die eigenen Stressoren zu kennen, die die Entwicklung einer Depression beziehungsweise Manie auslösen können. Auf diese Weise können die Patienten über ihr eigenes Verhalten selbst Prophylaxe betreiben. Außerdem ist ein intaktes soziales Umfeld sehr wichtig – nicht zuletzt um Krankheitssymptome der bipolaren Störung frühzeitig detektieren zu können.“ Um neue Episoden künftig noch frühzeitiger zu erkennen, bieten die Mediziner des Uniklinikums ihren Patienten die Teilnahme an der Studie „Ambulantes Monitoring mittels Smartphone bei Patienten mit einer Bipolaren Störung“ an. Dabei wird auf den Smartphones der Nutzer die App „MovisensXS“ installiert. Diese zeichnet fortlaufend die Nutzungsdaten des Studienteilnehmers auf und gleicht diese mit einem im Vorfeld für den Patienten als gewöhnliche Nutzung klassigizierten individuellen Profil ab. Gibt es in mindestens zwei Bereichen Auffälligkeiten – etwa weil der Patient erheblich mehr Schritte als gewöhnlich macht oder außergewöhnlich viele Nachrichten verschickt – erhält der behandelnde Arzt eine E-Mail, die ihn auf die Auffälligkeit aufmerksam macht. Für Ausnahmesituationen können Patienten einen sogenannten „Urlaubsmodus“ aktivieren, der die App pausiert. „Die App könnte einen Schutzfaktor für unsere Patienten darstellen. Neben den Terminen in der Klinik könnte nun auch ein durch verändertes Smartphone-Verhalten automatisch generiertes Warnsignal zusätzliche Sicherheit bieten. Wie zuverlässig sich beginnende depressive oder manische Episoden letztlich ermitteln und abfangen lassen, werden aber erst die Ergebnisse der Studie zeigen“, erklärt Fabrice Beier, der als Studienarzt die Patienten im Rahmen der Studie betreut.
Von den Ergebnissen wird abhängig sein, ob das in der Studie untersuchte Frühwarnsystem für manische oder depressive Episoden langfristiges Potential für die reguläre Krankenversorgung aufweist.
Kontakt für Studieninteressierte
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Dipl.-Psych. Esther Mühlbauer (Studienkoordination)
Telefon: 0351 / 458 19356
E-Mail: esther.muehlbauer@uniklinikum-dresden.de